Gibt es ein Lineal für das Glück? Ich lese gerne passend zur Jahreszeit oder zur aktuellen Stimmung. In den letzten kälteren Tagen habe ich eine Entdeckung gemacht, die wirklich diesen Namen verdient. In „Beinahe Alaska“ nimmt uns die Autorin auf eine Expeditionskreuzfahrt von der Südspitze Grönlands nach Alaska mit. Es geht um das Heim- und Fernweh, um das „Beinahe-Ankommen“ und um Menschen, „die wie Eisberge sind: Von den meisten sieht man nur ein Siebtel.“
Im Buch wird dabei auch das Phänomen beschrieben, dass „Menschen das Quantifizieren anfangen, wenn irgendetwas nicht so läuft wie erwartet.„
Sie berechnen dann was ihnen genommen wurde oder was sie im Vergleich zu einem anderen weniger haben usw.
Womöglich spricht man deshalb so oft vom „unermesslichen“ Glück, weil wirkliches Glücklichsein darin liegt, es nicht quantifizieren zu können. Ebenso wenig wie es direkt angepeilt werden kann, weil es eine Folge ist. Eine Folge einer absoluten Hingabe an eine Sache oder einen Menschen. Wir gehen auf im Klang der Musik, im Betrachten einer Himmelsstimmung, im Dialog mit einem Menschen. Wir vergessen Zeit und Raum und uns selbst und sind – gerade deshalb – ganz wir selbst. Das ist für mich wahres Glück: unermesslich und mit keinem Lineal zu bemessen.
Buchtipp: Arezu Weitholz – Beinahe Alaska. Mare-Verlag, Hamburg 2020